Freiheit – was ist das eigentlich?

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Die Fähigkeit, das Wort NEIN auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit. Nicolas-Sébastien de Chamfort – 1741-1794, frz. Schriftsteller

Die Definition von Freiheit (lat. libertas) ist ein uraltes philosophisches Thema und man wird immer wieder versuchen eine Antwort darauf zu finden, aber eine universelle, allgemeingültige gibt es nicht. Es sind zu viele Aspekte, die eine Rolle spielen, die einander bedingen und darüberhinaus müssen wir auch zwischen kollektiver und individueller Freiheit unterscheiden. Zudem befindet sich der philosophische Freiheitsbegriff in einem permanenten Wandel und impliziert gleichzeitig soziale, psychologische, kulturelle, politische, rechtliche und religiöse Dimensionen.

Grundsätzlich versteht man unter Freiheit zunächst die Option, unter verschiedenen Möglichkeiten auswählen und entscheiden zu können – das handelnde Objekt ist autonom! Das eingangs zitierte Sprichwort drückt eigentlich in sehr schöner Weise aus, was eine der Grundkomponenten der Freiheit ist! Zudem ist es sehr wesentlich zwischen innerer und äußerer Freiheit zu differenzieren.

Immanuel Kant spricht von positiver und negativer Freiheit. Unter positiver Freiheit verstehen wir die Möglichkeit, die Freiheit für etwas zu haben, d.h. die Möglichkeiten können auch genutzt werden und man übernimmt Verantwortung! Bei der negativen Freiheit ist man frei von etwas, nämlich von Umständen bzw. Zwängen, die etwas erschweren oder verhindern. Studiert man die Biographien von Menschen, die in ihrem Leben in extremer Weise die Freiheit entbehren mussten, sei es durch Gefängnis oder ähnliche Umstände, kann man wahrnehmen, dass es unter ihnen eine Reihe gibt, die es sich nicht nehmen ließen, sich ihre innere Freiheit in der Weise zu bewahren, indem sie u.a. sagten: „Es steht mir vollkommen frei, meine Peiniger NICHT  zu hassen!“

Freiheit

Freiheit wird generell subjektiv, d.h. individuell empfunden, was von vielen Faktoren abhängig ist; so hat ein Sklave vor 2000 Jahren unter Freiheit sicher etwas anderes verstanden als ein Zeitgenosse des 21. Jahrhunderts. Der Mensch ist immer Teil einer Gesellschaft und deshalb nie ganz frei, denn jede Gesellschaft hat ein Ideal, das seine Traditionen, Normen, Regeln vorgibt, die den Einzelnen subtil beeinflussen – das gehört sich so – die Freiheit schwindet unmerklich. Denn das Individuum ist auf die Akzeptanz der anderen angewiesen und wird somit bis zu einem gewissen Grade zur Anpassung genötigt. Denn in der Isolation ist der Mensch nicht lebensfähig! Doch wer entwirft diese Normen und Ideale? Sie entwickeln sich durch Generationen hinweg, wandeln sich stetig und orientieren sich im Grunde an dem, was der Mehrheit entspricht. Wer nicht der gesellschaftlichen Norm entspricht, in welcher Weise auch immer, erlebt eine deutliche Einschränkung seiner persönlichen Freiheit. Indem der einzelne die Freiheit, die er für sich selber beansprucht, auch anderen zugesteht, entsteht eine Wechselbeziehung zwischen individueller und kollektiver Freiheit. Die individuelle Freiheit wiederum beinhaltet viele verschiedene Aspekte, die wir berücksichtigen und in Beziehung setzen müssen: Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Entscheidungsfreiheit, Willensfreiheit, Handlungsfreiheit, Bewegungsfreiheit, Bildungsfreiheit, finanzielle Freiheit, Religionsfreiheit.

Äußere und innere Freiheit

Die äußere Freiheit ist relativ einfach zu definieren: ich bin unabhängig, nicht unterdrückt oder in irgendeiner Form in Gefangenschaft. In direktem Zusammenhang steht die Handlungsfreiheit, was bedeutet, dass ich tun kann, was ich für richtig halte ohne von außen eingeschränkt zu werden. Schwieriger hingegen es mit der Frage nach der inneren Freiheit, die jedoch von wesentlicher Bedeutung ist. Im folgenden wollen wir uns einige relevante Aspekte derselben verdeutlichen. Wenn die o.g. Kriterien der äußeren Freiheit erfüllt sind, müssen wir uns fragen, ob das bereits ausreicht  oder ob wir doch auf einer anderen Ebene Gefangene unseres eigenen Systems sind und wir werden feststellen, dass wir objektiv frei sind, subjektiv aber die wenigsten von uns.

Erkennen wir diese Tatsache, haben wir jedoch vielfältige Möglichkeiten, diesen Zustand zu ändern und uns die innere Freiheit regelrecht zu erarbeiten.

Viele Menschen gehen einer Arbeit nach, die sie nicht mögen, die sie nicht erfüllt; sie tun sie nur des Geldes wegen. Oder sie halten an Beziehungen fest, in denen sie Liebe und Anerkennung suchen, da es ihnen nicht möglich ist, sich diese selber zu schenken. Ebenso zeigen sie aus falsch verstandener Scham nicht ihre wahren Gefühle und Bedürfnisse und äußern sie adäquat. Stattdessen werden sie unterdrückt. Der Verstand, der voll von gesellschaftlich indoktrinierten Normen ist, verbietet ihnen aus Vernunft ihre Seele sprechen zu lassen und läßt sie wie Marionetten durch ein System tanzen, das uns vorschreiben will, welchen Weg wir zu gehen haben. Und wir müssen uns fragen, ob wir unsere Handlungsfreiheit voll ausschöpfen und die Dinge tun, die wir wirklich für richtig halten, d.h. dass wir aus dem Herzen und nicht aus dem Verstand handeln.

Deshalb wollen wir uns diejenigen Komponenten vergegenwärtigen, durch die wir Freiheit zeigen, umsetzen und leben können:

  • Ich bin mit all meinen Fehlern und Schwächen gut und in Ordnung; ich bin mir bewußt, dass es den perfekten Menschen nicht gibt und man seinem Ideal niemals gerecht wird. Ich kann es nicht allen recht machen.
  • Alles, was ich mache, tue ich für mich und nicht um andere zu beeindrucken. Ich gehe meinen eigenen Weg! Ich bin nicht schlechter oder besser als die anderen.
  • Ich passe mich nicht um jeden Preis an, weil ich dazugehören will. Deshalb handle ich nicht gegen meine Meinung, meine Überzeugung und meine Werte. Denn dann bin ich in meinem Umfeld gefangen, unfrei.
  • Ich bilde mir meine eigene Meinung, selbst wenn sie „gegen den Strom“ ist, spreche sie auch aus und vertrete sie, selbst gegen eine Mehrheit.
  • Ich bin mir selbst und anderen gegenüber ehrlich. Denn jeder Mensch hat Fehler, die ich erkenne und annehme. Ich folge meinem Herzen, denn dann begegne ich auch den Menschen, die zu mir passen.
  • Ich gehe offen auf Menschen zu und ermögliche mir dadurch immer wieder neue Chancen. Ich erweitere meinen Horizont und kann mich so weiterentwickeln.
  • Ich definiere mich nicht über eine Beziehung, d.h. ich bin emotional unabhängig. Da ich auch gut  allein sein kann, entscheide ich mich ganz bewußt für eine Beziehung.
  • Ich tausche meine Lebenszeit nicht gegen Geld ein, d.h. ich mache keinen Job des Geldes wegen und arbeite nur für Projekte, die einen Sinn für mich haben und die mich erfüllen bzw. mit denen ich etwas bewegen kann.

Eine objektive Freiheit ist für das subjektive Freiheitsgefühl nicht unbedingt notwendig. Wer sein Leben nach seinen Visionen ausrichtet, wird innerlich und äußerlich immer frei sein. Frei sein bedeutet Ich sein, d.h. ich kann zu jeder Zeit ich selbst sein und mir wird der notwendige Respekt meiner Mitmenschen entgegengebracht.

Freiheit und Sicherheit

Zwischen Freiheit und Sicherheit besteht ein Spannungsverhältnis. Die Natur des Menschen ist so angelegt, dass sich Freiheit und Sicherheit eigentlich ausschließen, da zu viele Freiheiten in der Regel zum Schaden Dritter missbraucht werden. Wird diese Freiheit durch verschiedene Sanktionen, durch Gesetze, Überwachungssysteme und ähnliches eingeschränkt, kann dieses Gefühl der Sicherheit wiederum das subjektive Freiheitsgefühl erhöhen. Freiheit heißt auch, dass ich anderen Menschen die gleiche Freiheit wie mir selbst zugestehe. Durch diese Wechselbeziehung entsteht die kollektive Freiheit, die jedoch immer einer Gratwanderung gleichkommen wird, da der Mensch sein eigenes Wohl in der Regel über das Allgemeinwohl stellt.

Wenn das Verhältnis der Freiheit zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen unausgewogen ist, heißt das, dass die Freiheit der einen Gruppe meist diejenige der anderen massiv einschränkt, eine Realität, die in Zeiten der Globalisierung besonders relevant ist.

Freiheit

Freiheit und Medien

Ein Aspekt, der erst in den vergangenen Jahrzehnten in wachsendem Maße an Bedeutung zugenommen hat, ist der Umgang mit den Medien. Einerseits erleichtern und vereinfachen sie ja das Leben in vielen Bereichen in einem Umfang, den viele Menschen noch gar nicht realisiert haben, andererseits stellt sich aber auch die Frage, inwieweit sie vor allem die innere Freiheit einschränken bzw. beeinflussen. Ein Mensch, der am gesellschaftlichen Leben angemessen teilnehmen und nicht ausgegrenzt werden will, braucht z.B. heutzutage eine email-Adresse. Die Vorteile sind jedem bekannt, aber die Frage der inneren Freiheit stellt sich z.B. dann, wenn man über die Häufigkeit des Mail-checkens nachdenkt. Wie häufig muß es wirklich sein?

Ähnliches gilt für das Handy: wenn ich mit jemanden in ein Gespräch vertieft bin, muß dann das Handy in Reichweite liegen und jede Nachricht umgehend registriert oder gar beantwortet werden?

Das sind nur zwei Beispiele, die sich beliebig fortsetzen ließen und in diesem Zusammenhang  nur zum Nachdenken anregen sollen ebenso wie die vorangegangenen Ausführungen

So wie sich die Menschen seit jeher Gedanken über die Freiheit gemacht haben, wird die Frage nach ihr auch in Zukunft eine Herausforderung bleiben, da sich der Freiheitsbegriff entsprechend den sich wandelnden Zeitverhältnissen ständig wandelt.

Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern dass er nicht tun muss, was er nicht will.

Jean-Jacques Rousseau, 1712-1778

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Harriet von Behr
Harriet von Behr ist gelernte Verlagsbuchhändlerin, studierte anschließend Germanistik und Theaterwissenschaft und arbeitete während und nach dem Studium für mehrere Verlage im Lektorat. Aktuell schreibt sie u.a. für TheMan Artikel zu den verschiedensten Themen.
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