Minimalismus – Weniger ist mehr

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Was ist Minimalismus eigentlich?

Das Wort Minimalismus stammt aus dem Lateinischen und kann auf den Begriff minimus=das Geringste zurückgeführt werden. Man versteht darunter die Beschränkung auf das Nötigste, das Wesentliche.
Minimalismus ist allerdings nicht nur ein Lebensstil, sondern kann sich auch auf die Kunst, die allgemeine Linguistik, die Architektur und die Musik (Minimal Music) beziehen.

Minimalismus Laptop

Historie und Philosophie des Minimalismus

Der Minimalismus hat zwar in unserer Konsumgesellschaft, in der das Anhäufen von materiellen Dingen, der “Überfluss bis zum Überdruss” eine besondere Rolle spielt, einen sehr aktuellen, ausgeprägten Stellenwert, aber seine Ursprünge lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen. Im Christentum, im Islam, im Hinduismus, im Buddhismus sowie in vielen anderen spirituellen und religiösen Traditionen wurde stets die Vergänglichkeit irdischer Dinge thematisiert, das Loslassen von Materie als Schlüssel zur Freiheit. In der Antike hieß die Botschaft: Sein vor Haben.

Viele Philosophen haben sich zu diesem Thema geäußert und ihr Zeitalter geprägt. Letztlich geht es ja um die Vergänglichkeit irdischer Dinge, was sich auch in dem Sprichwort “Das letzte Hemd hat keine Taschen.”, das man aus der christlich-jüdischen Denktradition herleiten kann, ausdrückt.
Im Grunde geht es zu allen Zeiten um die Frage, was den Wert des Menschen eigentlich ausmacht, was das Leben lebenswert erscheinen läßt und was die ideellen Ressourcen sind, die Bestand haben?

Im Minimalismus verzichten wir auf nichts –
wir lassen nur Überflüssiges weg

Die Bewegung des Minimalismus in der gegenwärtigen Zeit ist die Antwort auf die Konsumgesellschaft. In Kriegs- bzw. Notzeiten konnte man zufrieden sein, wenn man das Nötigste hatte, das einem das Überleben sicherte: von einem Zuviel konnte keine Rede sein. Erst der Wohlstand unserer Tage machte es möglich, soviel Besitz anzusammeln, dass er zur Belastung wird. Zuviel materieller Besitz, zuviele Verpflichtungen und Aufgaben, die einem die Luft zum Atmen nehmen und einem das Gefühl vermitteln, nicht zu leben, sondern gelebt zu werden. Die Befriedigung ideeller Wünsche wird durch Materie ersetzt: ein fataler Irrtum. Maximalismus versus Minimalismus: eine Rechnung, die langfristig nicht aufgeht!

Wie läßt sich der Minimalismus in der Praxis umsetzen?

 

Habe nichts in deinem Haus, von dem du nicht glaubst, dass es nützlich oder schön ist.

William Morris (brit. Maler, Designer und Schriftsteller, 1834-1896)

Um den Minimalismus Realität werden zu lassen, muß jeder seinen eigenen Weg und Ansatz zu finden um langfristig erfolgreich und zufrieden zu sein.
Dennoch gibt es zwei Kriterien, von denen wir uns leiten lassen können, wenn wir unseren Besitz minimieren wollen: was brauche ich und was bereitet mir Freude! Denn Minimalismus bedeutet nicht Askese, sondern Wohlbefinden.

Minimalismus

Man kann auf diese Weise seine verschiedenen Bereiche inspizieren und durcharbeiten:

  • Kleiderschrank: Kleider, die ich z.B. ein Jahr nicht getragen habe, werde ich auch in Zukunft nicht mehr tragen, ausgenommen natürlich die Kleidungsstücke, die man nur zu bestimmten Gelegenheiten trägt
  • Bücher: welche Bücher haben für mich Bestand, welche sind nur “Eintagsfliegen”? Das Gleiche gilt für DVDs, CDs und ä.
  • Küche: man braucht viele Dinge nicht in doppelter oder dreifacher Ausführung und vor allem nur diejenigen, die man gerne benutzt. Von allen anderen sollte man sich trennen.
  • Abos: Welche Abos lese ich wirklich? Alle anderen sollte man abbestellen. Das Gleiche gilt für Kataloge (Werbung) und Newsletter.
  • im ideellen Bereich gelten ähnliche Grundsätze: welche Freundschaften und Beziehungen sind noch substantiell und wesentlich,  welche haben sich überlebt?
  • Ehrenämter und adäquate Aufgaben: welche haben für mich noch Bedeutung? Erfülle ich sie noch mit Freude und innerer Anteilnahme?
  • Erinnerungsstücke: das ist der sensibelste Bereich beim Minimalisieren. Für diesen lassen sich im Grunde keine Empfehlungen aussprechen, da er ganz individuell geregelt werden muß. Grundsätzlich sollte nach dem Minimalisieren auf jeden Fall ein Gefühl zurückbleiben.

Es versteht sich von selbst, dass beim Prozess der Minimalisierung unbedingt der Zeitfaktor berücksichtigt werden muß. Um ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen, sollte er in der Form durchgeführt werden, dass man sich selber dabei zu jedem Zeitpunkt wohlfühlt. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, lassen sich für die Zukunft
folgende Maximen festlegen:

  •  bewusst konsumieren
  •  langlebige Produkte kaufen
  •  reparieren statt wegwerfen

Desweiteren gibt es für viele Produkte die Option, Dinge, die man nur selten oder gelegentlich braucht, zu teilen, wie zum Beispiel den Rasenmäher, die Bohrmaschine oder auch das Auto. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt.

Minimalismus mit Kindern

Manche mögen jetzt vielleicht einwenden, dass sich diese Grundsätze nicht mit Kindern verwirklichen lassen. Doch das Gegenteil ist der Fall, Kinder brauchen keinen materiellen
Überfluss. Sie brauchen Eltern und andere Menschen, die für sie und ihre Bedürfnisse Zeit haben, da sie nicht von anderen unwesentlichen Dingen abgelenkt werden.

Hat der Minimalismus eine Zukunft? – Ausblick und Fazit –

 

Wenn jeder einzelne darauf verzichtet, Besitz anzuhäufen, werden alle genug haben.

(Franz von Assisi, 1181 oder 1182-1226)

Folgt man den Gedanken von Franz von Assisi, muten sie einen direkt visionär an. Bedenkt man heute die Lage unseres Planeten, die unglaubliche Schere zwischen Arm und Reich auf und zwischen den Kontinenten, die Problematik unseres Wohlstandsmülls, werden die nachfolgenden Generationen die Erde nur noch bewohnen können, wenn wir heute endlich sorgsam mit den Ressourcen umgehen und nachhaltig handeln.
Weniger ist mehr stellt kein persönliches Problem dar, sondern geht uns alle an.

Der einzelne gewinnt neue Freiheiten, Lebensfreude, Ordnung und Klarheit auf allen Ebenen, Zeit für das Wesentliche!

Minimalismus Architektur

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Harriet von Behr
Harriet von Behr ist gelernte Verlagsbuchhändlerin, studierte anschließend Germanistik und Theaterwissenschaft und arbeitete während und nach dem Studium für mehrere Verlage im Lektorat. Aktuell schreibt sie u.a. für TheMan Artikel zu den verschiedensten Themen.
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